SPD NORDFRIESLAND | Auf Einladung der SPD Nordfriesland besuchte der Bundesminister für Gesundheit Prof. Dr. Karl Lauterbach das Klinikum Nordfriesland gGmbH in Husum, um sich über die finanzielle Situation des Klinikums zu informieren und über die Zukunft der Klinikfinanzierung zu diskutieren.
Hierzu erläutert der SPD-Fraktionsvorsitzende im Kreistag und Mitglied im Aufsichtsrat, Thomas Nissen: „Unsere Klinik mit ihren drei Standorten in Husum, Niebüll und Wyk auf Föhr ist bedarfsnotwendig. Sie ist aufgrund der ohne sie sehr weiten Fahrtwege in die nächsten Kliniken existentiell notwendig für die Notfallversorgung und eine angemessene stationäre Versorgung in unserem ländlichen Raum. Durch seine Randlage in Deutschland und die Lage an der Küste sind wir zudem räumlich nach Norden und Westen begrenzt. Hinzu kommt die Besonderheit unserer Inseln und Halligen, die sich auch in Form der sehr kleinen Inselklinik auf Föhr niederschlägt. Das alles sind Rahmenbedingungen, die kostendeckendes Wirtschaften – und mehr ist gar nicht unser Ziel – mit der derzeitigen Finanzierungsstruktur unmöglich machen.“
Das derzeitige Finanzierungssystem mit bundesweit einheitlichen Fallpauschalen reicht bei kleineren Kliniken im ländlichen Raum nicht aus. In Nordfriesland kommt noch die Situation hinzu, dass der Konzern auf drei bedarfsnotwenige Standorte aufgeteilt ist. Das aufgrund der Vorhaltung bestimmter Leistungen (z.B. Mindestpersonalbemessung, Rufbereitschaften) entstandene Defizit von annähernd 4 Millionen Euro im Jahr 2020 gleicht momentan der Kreis Nordfriesland aus, der 100%iger Eigentümer der Klinikum Nordfriesland gGmbH ist.
Dazu erklärt der SPD-Kreisvorsitzende Truels Reichardt: „Als SPD stehen wir zu unserem Klinikum mit allen drei Standorten. Eine Privatisierung lehnen wir entschieden ab. Davon wird für die Mitarbeitenden und die gesundheitliche Versorgung für unsere Bürgerinnen und Bürger nichts besser. Der Kreis Nordfriesland hat nun alle möglichen – auch schweren – Entscheidungen getroffen, um das Klinikum finanziell in sicheres Fahrwasser zu bringen. Das ist mit dem derzeitigen Finanzierungssystem allerdings nicht möglich. Daher haben wir als SPD Nordfriesland einen Hilferuf nach Berlin geschickt. Wir freuen uns dieses wichtige Thema nun direkt beim Bundesgesundheitsminister platziert zu haben, nachdem wir uns bereits in den Programmprozess der SPD zur Bundestagswahl eingebracht hatten. Hier ist dringender Reformbedarf in Deutschland vorhanden, damit für gleichwertige Lebensverhältnisse gesorgt wird. Denn es ist ein perfides System, wenn ein versorgungsnotwendiges Krankenhaus mit ca. 33.000 Fällen, die die Notaufnahme aufsuchen einen negativen Deckungsbeitrag von ca. 3,0 Mio. € und mit dem Bereich Geburtshilfe/Gynäkologie bei 750 Geburten einen negativen Deckungsbeitrag von 1,9 Mio. erwirtschaftet.“ Für den Bereich der Notaufnahme ist dabei zu bedenken, dass ca. die Hälfte der Fälle lediglich ambulant behandelt werden und demnach keine Einnahmen erzielt werden aus nachfolgender stationärer Behandlung.
Dies sieht auch Karl Lauterbach so: „Das sind typische Kliniken, die die Sicherstellung vor Ort ermöglichen, Kliniken, die gebraucht werden und die durch die derzeitigen Finanzierungsinstrumente nicht ausreichend geschützt sind. Daher war das für mich ein wichtiger Tag. Ich habe genau zugehört und wir arbeiten in einer Krankenhausreform daran, dass Kliniken, die für die Sicherstellung vor Ort unbedingt notwendig sind, aber durch die Art und Weise, wie die Finanzierung geregelt ist, chronische Defizite machen, in Zukunft weiter bestehen können und die Versorgung vor Ort weiterhin gewährleistet sein wird. Das wird in der Expertenkommission eine große Rolle spielen. Ich bleibe auch mit dem Klinikum in unmittelbarem Kontakt.“
Die Forderung der SPD Nordfriesland und in Folge eines einstimmig beschlossenen Antrages der SPD-Kreistagsfraktion im Kreistag auch die des Kreises Nordfriesland ist die Berücksichtigung von Vorhaltekosten. Dies fand sich so im Wahlprogramm der SPD zur Bundestagswahl wieder und steht auch im Koalitionsvertrag der Ampel.
„Denn wir zweifeln das System der Fallpauschalen gar nicht unbedingt in Gänze an. Bei zu verbessernder Ausgestaltung können sie eine geeignete Möglichkeit sein, um Fehlanreize zu vermeiden und die Kosten zu deckeln. Dagegen, dass Methoden zur Kostenkontrolle im Umgang mit Mitteln der Solidargemeinschaft auch eine Rolle spielen, ist grundsätzlich nichts einzuwenden. Alleine dieses Instrument der Fallpauschalen hat sich allerdings als unpraktikabel erwiesen, wenn es um die Sicherstellung der Daseinsvorsorge geht“, erklärt der SPD-Landtagskandidat für Nordfriesland-Süd, Marc Timmer.
Und Hendrik Schwind-Hansen, SPD-Landtagskandidat für Nordfriesland-Nord ergänzt: „Durch die von uns dringend geforderte Übernahme von Vorhaltekosten möchten wir sicherstellen, dass wir in unserem Bestreben, gute Qualität vor Ort zu erhalten und gleichzeitig kostendeckend zu wirtschaften, Chancengleichheit im Vergleich zu großen Kliniken, die eher mit den aktuellen Fallpauschalen auskommen, erreichen. Das würde einen wichtigen Beitrag dazu leisten, dass wir niemals eine ernsthafte Diskussion über eine Privatisierung des Klinikums oder die Schließung der Standorte in Wyk oder Niebüll bekommen.“
Was das bedeutet, verdeutlicht Truels Reichardt: „Nachdem unsere strukturellen Nachteile und die Kosten für die notwendige Vorhaltung bestimmter Leistungen vorab ausgeglichen wurden, sind wir gerne bereit, uns dem Wettbewerb zu stellen. Die Übernahme dieser Vorhaltekosten wären aus unserer Sicht ein geeignetes Instrument, um die Daseinsvorsorge zu sichern und sind ein geeignetes Instrument in einer sozialen Marktwirtschaft.“
Zu den Ergebnissen des Termins erklärt abschließend Thomas Nissen: „Ich habe den Eindruck, dass es sehr gut gelungen ist dem Minister als fachlich hoch kompetentem und wohl wichtigstem Gesundheitspolitiker unsere spezielle wirtschaftliche Situation und ergänzend – auch durch die guten Beiträge der Beschäftigten aus dem Pflegebereich – die coronabedingte Arbeits- und Auslastungssituation zu vermitteln. Ich vertraue darauf, dass er sich an den Besuch in Husum erinnern wird und wir einen Kontakt hergestellt haben, den wir weiter nutzen und pflegen werden. Und vielleicht kann unser Klinikum bei den Reformüberlegungen sogar als Musterhaus dienen. Diese Idee wird vom Landrat und vom Geschäftsführer unterstützt.“